Radio "Grüne Welle" vom 03.06.99


Themen der Sendung vom 03.06.99 Schallwellen

MitarbeiterInnen der Sendung:
Ilona (I), Ralf (Ra), Melanie (M), Frank (F) sowie Hardy in der Technik

AutorIn: a , SprecherIn: s


Guetesiegel fuer Wohnungsunternehmen von IG BAU und Greenpeace

Umweltschutz schafft Arbeitsplaetze - das bestreitet heute kaum noch jemand. Greenpeace und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, kurz IG BAU, zeigen nun erstmals, wie gleichzeitig dem Klima geholfen und etliche zehntausend Arbeitsplaetze in der Baubranche neu geschaffen werden koennen.

Das gemeinsame Projekt "Das Plus fuer Arbeit und Umwelt" vergibt ein Guetesiegel an Wohnungsunternehmen, die bei der Sanierung ihres Gebaeudebestandes oekologische Mindeststandards einhalten. Dreh- und Angelpunkt ist die Verringerung des Heizenergieverbrauchs. Mit umweltfreundlicher Sanierung sollen der Treibhauseffekt eingedaemmt und neue Jobs im Baugewerbe geschaffen werden.

Die Zeit draengt, denn angesichts des horrenden Energieverbrauchs, der massenhaft Treibhausgase wie Kohlendioxid erzeugt, steigt die Temperatur im Treibhaus Erde. Der drohende Klimakollaps ist eines der groessten Umweltprobleme derzeit. Zum Klimakollaps traegt das Heizen von Gebaeuden bei, das ein Drittel der in Deutschland verbrauchten Energie verschlingt.

Das draengendste soziale Problem ist die Arbeitslosigkeit. Allein im Bausektor sind mittlerweile rund 300.000 Bauarbeiter ohne Bechaeftigung. Investitionen in die waermetechnische Sanierung von Altbauten schaffen Abhilfe. Bisher vorliegende Berechnungen gehen von etlichen zehntausend neuen Arbeitsplaetzen aus.

Damit Klima und Arbeitsmarkt gewinnen, wenden sich Greenpeace und die IG BAU an die Wohnungsbaugesellschaften, die in Deutschland rund 6,2 Millionen Wohnungen - dies sind ein Drittel aller Mietwohnungen - verwalten und fuer die Renovierung in ihren Haeusern verantwortlich sind.

Im Gegensatz zu Neubauten, wo die Waermeschutzverordnung gilt, bleiben bereits bestehende Gebaeude bisher von gesetzlichen Energiesparmassnahmen weitgehend ausgeklammert, obwohl sie den Hauptteil aller Gebaeude ausmachen. Bis zu 70 % der Heizenergie liessen sich mit Hilfe moderner Technik einsparen. Und immerhin 30 bis 50 % der Einsparungen waeren bereits heute wirtschaftlich rentabel, etwa wenn veraltete Heizungsanlagen ausgetauscht wuerden oder reparaturbeduerftige Fenster durch Waermeschutzverglasung ersetzt wuerden.

Wesentlichen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit hat - neben den Energiepreisen - die Laenge des Zeitraumes, ueber den die Wirksamkeit der Energiesparmassnahme betrachtet wird. Eine Fassadendaemmung, die ueber 25 bis 30 Jahre Energie einspart, sollte auch in ihrer Wirtschaftlichkeit ueber diesen Zeitraum betrachtet werden. Haeufig wird jedoch gefordert, dass das investierte Geld innerhalb weniger Jahre zurueckfliesst. Eine derartige Betrachtungsweise verhindert heutzutage leider viele sinnvolle Investitionen in Energiesparmassnahmen.

[Musik]

Die IG BAU und Greenpeace suchen Wohnungsunternehmen, die sich an dem Projekt beteiligen. Werden bei den anstehenden Sanierungen im Gebaeudebestand dieser Unternehmen oekologische Mindeststandards umgesetzt, erhalten diese Wohnungsunternehmen das Guetesiegel "Das Plus fuer Arbeit und Umwelt". Dabei gilt es, vor allem den Heizenergieverbrauch zu drosseln. Waehrend heute beispielsweise ein Verbrauch von 20 Kubikmeter Erdgas auf einem Quadratmeter Wohnflaeche ueblich ist, sollen zukuenftig 10 Kubikmeter reichen - ein ehrgeiziges, aber machbares Ziel. Bereits bei 10 % aller Mietwohnungen im Gebaeudebestand ist dieser oekologische Standard heute schon Realitaet.

Durch ein Buendel von Massnahmen koennen Wohnungsbaugesellschaften die Waermelecks ihrer Haeuser stopfen, dazu gehoeren z.B. optimale Daemmung der Gebaeudehuelle, hochwertige Waermeschutzverglasung und die Installation moderner Heizungsanlagen.

Wer das begehrte Guetesiegel erhalten moechte, muss zudem auf problematische Baustoffe verzichten, wie z.B. auf den Einsatz von Daemmstoffen, die schwer abbaubare, langlebige Zusaetze enthalten. Ausserdem ist der Massenkunststoff PVC ebenso tabu wie FCKW und H-FCKW-haltige Materialien, die die schuetzende Ozonschicht angreifen. Alternativen sind mittlerweile fuer jeden Anwendungsbereich erprobt. Da rund 80 % aller Urwaelder der Erde bereits zerstoert sind, wird auf Holz aus Urwaeldern verzichtet. Die Alternative ist Holz aus Waeldern, die nach den Prinzipien der oekologischen Waldnutzung bewirtschaftet werden. Dieses Holz ist an dem FSC-Siegel zu erkennen.

Was ist mit den Kosten ?

Zu sanieren ohne draufzuzahlen ist zwar anzustreben, aber nicht immer moeglich. Die Kosten haengen von vielen Faktoren ab und sind von Haus zu Haus sehr unterschiedlich. Ueblicherweise wird die energetische Sanierung an eine faellige Renovierung gekoppelt. Im guenstigsten Fall sinkt aufgrund niedrigerer Heizkosten die Warmmiete; die Einsparungen bei den Heizkosten sind hoeher als die Umlage der Sanierungsmassnahmen auf die Kaltmiete. Haeufiger uebersteigen jedoch die Einsparungen und die Warmmiete steigt. Den Mietern weitere Lasten aufzuladen ist jedoch nicht das Ziel des Projektes. Greenpeace und die IG BAU fordern deshalb von Bund und Laendern Programme, mit denen Investitionen fuer den Klimaschutz im Gebaeudebereich gefoerdert werden. Damit hilft der Staat nicht nur den Mietern, sondern auch dem Klima und der angeschlagenen Baubranche.

Arbeit und Umwelt sind kein Gegensatz, nur ein Zusammenspiel kann langfristig die Lebensgrundlagen der Erde und zukunftssichere Arbeitsplaetze garantieren. Denn eine gesunde Wirtschaft ist nur auf der Basis einer gesunden Umwelt moeglich.

Weitere Informationen zu dem Thema gibt es bei der Greenpeace Gruppe Wuppertal unter der Telefonnummer 0202 / 44 17 80.